Ermittlungen gegen Kiez-Chefin wegen Subventionsbetrug
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg ermittelt gegen die Geschäftsführerin des Kinder- und Jugenderholungszentrums (Kiez) in Güntersberge im Harz wegen Subventionsbetrugs. Sie soll für Manipulationen von Teilnehmerlisten und Rechnungen verantwortlich sein.
Christiane Brandenburg lächelt. Auf der Internetpräsenz www.neues-schaffen.de des sachsen-anhaltischen Finanzministeriums befindet sich die Chefin des Kinder- und Jugenderholungszentrums (Kiez) in Güntersberge unter der Rubrik „Eler-Erfolgsgeschichten“. „Eler“ ist der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums. Christiane Brandenburg und ihr Kiez haben von Eler mit 100 000 Euro profitiert. Und von zig anderen Förderprogrammen. „Christiane Brandenburg bekam für ihr enormes Engagement schon die Verdienstmedaille der Bundesrepublik“, heißt es auf der Ministeriumsseite . Jetzt würde man in Magdeburg den Namen Brandenburg am liebsten vergessen.
Anzeige im März
„Wir haben im März Anzeige gegen das Kiez Güntersberge, gegen den Landesverband der Kieze und einen weiteren Verein erstattet“, sagt Denise Vopel, die Sprecherin des Landesverwaltungsamts. „Es besteht der Verdacht des Subventionsbetrugs, der Urkundenfälschung, des Betrugs und möglicher weiterer Delikte.” Hinweise auf eine persönliche Bereicherung der Beschuldigten gibt es nicht.
Die Anzeige datiert vom 24. März. 14 Tage zuvor hat bereits der Landesrechnungshof die Notbremse gezogen. „Wir haben bei der Prüfung des Kiezes gravierende Sachverhalte mit möglicher strafrechtlicher Relevanz festgestellt“, sagt Sprecher Frank Düsekow. „Deswegen war sofortiges Handeln erforderlich.“
Staatsanwaltschaft Magdeburg bestätigt Ermittlungen
Der Landesrechnungshof schickte am 10. März einen Brandbrief an das Sozialministerium, in dem die festgestellten Missstände aufgeführt werden. Worum es im Detail geht, sagt Düsekow nicht. Bis heute sei die Prüfung nicht abgeschlossen. Mit dem Ergebnis rechne man aber in den kommenden Tagen. Dennoch ist klar, wie brisant das Ganze ist. „Es ist nicht üblich“, sagt Düsekow, „dass wir uns vor dem Abschluss der Prüfung an das Ministerium wenden.“
Die Staatsanwaltschaft Magdeburg bestätigt die Ermittlungen gegen Kiez-Geschäftsführerin Brandenburg, den Kiez-Landesverband und den dazwischengeschalteten „Verein für Nationale und Internationale Kontakte und Kooperationen“ (Nikk), zu dessen Vorstand auch Christiane Brandenburg gehört.
„Die Straftaten sollen sich über einen langen Zeitraum erstreckt haben“, sagt Sprecher Frank Baumgarten. „Wir haben eine große Menge an Unterlagen sichergestellt, deren Auswertung Wochen oder Monate dauern kann. Erst dann kann man benennen, welcher Schaden im Raum steht.“ Nach MZ-Informationen soll es vor allem um diese Punkte gehen:
Manipulation von Teilnehmerlisten: Für das Projekt „Multicamp“ sollen im Kiez 2007, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 die Teilnehmerlisten manipuliert worden sein – entweder seien mehr Kinder angegeben worden, als tatsächlich teilnahmen, oder die Kinder seien älter gemacht worden, damit sie als zuwendungsfähig gelten. Beispiele: Für 2009 sollen mindestens 100 Kinder angegeben und gefördert worden sein, die gar nicht existieren – das würde einer Summe von rund 16.000 Euro entsprechen, 2010 soll es um mindestens 24 Kinder und fast 4.000 Euro Schaden gehen.
Manipulation von Rechnungen: Landesverband und Kiez sollen Lieferanten aufgefordert haben, das Datum von Rechnungen zu manipulieren, damit die Ausgabe gefördert werden kann. Außerdem sollen alle drei Beschuldigten Leistungen oder Personalkosten doppelt oder sogar mehrfach abgerechnet haben.
Fingierte Kosten: Für das Eurocamp soll das Kiez Rechnungen über 1.400 und 666 Euro für Fahrten vorgelegt haben. die gar nicht stattgefunden haben.
Abrechnungen von Kosten, die nicht gefördert werden können: Beim Bau einer „Spielstraße“ im Jahr 2013 soll das Kiez auch Bereiche saniert haben lassen, für die die Förderung nicht galt. Zu viel veranschlagt wären damit 1.300 Euro.
Stellungnahme abgelehnt
„Diese Vorwürfe sind mir völlig unbekannt“, sagt Christiane Brandenburg. Darum könne sie nicht Stellung dazu nehmen. Auch der Kiez-Landesverband lehnt jede Stellungnahme ab.
Der damalige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer sagte 2011 auf einem Empfang zum 60-jährigen Bestehen des Kiezes in Güntersberge, dass es Christiane Brandenburger gelinge, „wirklich alle nur erdenklichen Fördertöpfe anzuzapfen“. Es war als Lob gemeint.